Markus Nickl: Beate, das Termcafé war ja deine Idee. Wie bist du denn darauf gekommen?
Beate Früh: Eigentlich war das so eine Art Kettenreaktion, bei der sich ein Steinchen zum anderen gefügt hat:
- Die tecom Schweiz veranstaltet mit Erfolg schon seit vergangenem Jahr alle zwei Monate eine ähnliche Veranstaltung, die immer gut besucht ist. Ich fand es schade, dass ich nie zu den Terminen vor Ort in Zürich sein konnte, um mich mit bekannten und unbekannten Gesichtern auszutauschen. Ich bin ja schon seit langem Mitglied der tecom Schweiz.
- Im Bereich Terminologie gibt es wenig Gelegenheiten für Terminologen sich auszutauschen, außer auf Veranstaltungen wie der tekom-Tagung oder Veranstaltungen des DTT und vielleicht noch von TermNet Diese sind aber alle nicht vor Ort in Nürnberg. Im Winter hat mich eine Bekannte darauf angesprochen, dass Sie es gut fände, wenn es eine Plattform gäbe, bei der sich Terminologen treffen und austauschen könnten. Wir hatten das bisher bilateral bei einem Abendessen gemacht.
- Diese Idee habe ich aufgenommen, fand aber einen klassischen Stammtisch zu „langweilig“. Ein Vortragsformat wie auf tekom-Abendveranstaltungen sollte es auch nicht sein. Zur gleichen Zeit berichtete mir ein Freund mit Begeisterung von einem Barcamp, an dem er teilgenommen hatte. Während meiner Weiterbildung zum Wissensmanager vor 3 Jahren in Luzern hatte ich bereits vom Format des World Cafés gehört, und so kam mir die Idee, doch diese Veranstaltungsform zu wählen. Im Zuge dieser Überlegungen bin ich dann auch auf dich zugekommen, weil ich eine Veranstaltung dieser Art nicht alleine stemmen kann.
- Ende Januar 2020 haben wir unsere neuen Räumlichkeiten im Maxtorhof bezogen. Dort haben wir auch einen Besprechungsraum, dessen Nutzung im Mietpreis enthalten ist. Klassische Stammtische sind ja eher Veranstaltungen, die in Gaststätten, Biergärten oder Nebenzimmern stattfinden. Für unsere Veranstaltung wollte ich das aber nicht, weil dort zum Einen der Geräuschpegel nicht kontrollierbar und zum Anderen auch der Einsatz von Medien oder Arbeitsmitteln praktisch nicht möglich ist. Für das Format des World Cafés eignen sich diese Orte daher nicht wirklich. Durch die Nutzung der vorhandenen „eigenen“ Räumlichkeiten lässt sich die Idee für alle Teilnehmer kostengünstig umsetzen und wir haben hier zusätzlich gute Voraussetzungen, um das Format des World Cafés mit seinen kleinen Tischrunden umzusetzen.
Nickl: Was fasziniert dich persönlich an der Idee des Knowledge Cafés/World Cafés?
Früh: Herkömmliche Stammtische sind mir zu unstrukturiert. Beim Knowledge Café kann man die Themen besser und demokratischer steuern, weil sie zu Beginn gesammelt werden und man die maximale Redezeit pro Thema festlegt. Ganz besonders aber gefällt mir das Format des World Cafés, weil die Teilnehmer hier nicht nur etwas „Gehörtes“ mit nach Hause nehmen, sondern aktiv teilnehmen, indem die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse auf der Tischdecke festhalten und in 2 bis 3 Runden weiterentwickeln. Daher findet hier ein viel größerer Austausch statt. Am Ende werden die Ergebnisse der verschiedenen Gruppen auch nochmals im Plenum vorgestellt bzw. abschließend zusammengefasst. Der Gehalt an nachhaltigen Informationen, Erfahrungen und Wissen, den die Teilnehmer mitnehmen können, ist so meines Erachtens am Höchsten.
Nickl: Was denkst, wie kann man als Teilnehmerin bzw. Teilnehmer davon profitieren? Was bringt mir das?
Früh: Ich lebe jetzt seit 2011 wieder im Raum Nürnberg und ich kenne 3 Personen im Großraum, die ebenfalls Terminologiearbeit machen. Es gibt aber meines Erachtens viel mehr Personen, die in unserer Region in diesem Bereich tätig sind oder damit beginnen. Und man kennt sich nicht, oder trifft sich nicht und tauscht aktiv seine Erfahrungen aus. Trifft man sich zufälligerweise oder gezielt auf der tekom-Tagung oder beim DTT-Symposion, dann ergeben sich meist lebhafte Fachgespräche und man erfährt von einem interessanten Projekt, hört von einem neuen Tool oder speziellen Herausforderungen. Ich beschäftige selbst seit 7 Jahren für meine Kundenprojekte einen festen Stamm an Freelancern, den ich kontinuierlich über die Jahre ausgebaut habe. Sie sind über die halbe Republik verteilt. Wir treffen uns teilweise monatlich virtuell zu Arbeitssitzungen oder auch nur im Rahmen von One-to-Ones und tauschen uns zu diversen anstehenden Terminologiethemen aus. Einnmal im Jahr treffen wir uns auch meist persönlich vor Ort in Nürnberg zu einer halbtägigen Präsenzsitzung mit anschließendem gemeinsamem Abendessen. Obwohl wir alle schon sooo lange im Geschäft sind, sind wir froh über die Möglichkeit dieses kleinen privaten Netzwerks, denn wir stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen oder es stoßen neue Kollegen zum Team dazu. Es ist beruhigend zu wissen, dass man sich mit gleichgesinnten Kollegen austauschen kann und nicht auf sich alleine gestellt ist. Terminologiearbeit ist zudem viel Best-Practice-Arbeit. Diese gewinnt durch Austausch, für Neueinsteiger genauso wie für langjährige Terminologieprofis. Auch ich lerne noch immer gerne dazu.
Nickl: Im Moment sind die Zeiten für ein solches Projekt ja schwierig, mit Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln. Wir wollt ihr damit umgehen?
Früh: Eigentlich wollten wir bereits für Mitte Juni 2020 zu unserem ersten Termcafé einladen. Jetzt verschieben wir aber aus bekannten Gründen auf September und hoffen, dass sich bis dahin alles ein wenig besser eingespielt hat. Da wir die Teilnehmerzahl ohnehin auf ca. 15 Teilnehmer begrenzen und auf unsere Räumlichkeiten hin abstimmen, ist es leichter, auch die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Wir haben genügend Platz im Bürocenter bzw. im Gebäude, so dass wir gut mit 3 bis 4 Gruppen arbeiten können und sich die einzelnen Gruppen auch etwas „absondern“ können. Für die Abschlussbesprechung stehen uns ein geräumiger Vorplatz im ersten Stock oder das Foyer im Erdgeschoss zur Verfügung. Die Durchführung der Abschlussbesprechung im Stehen führt auch dazu, dass das Ganze nicht zu gemütlich wird, sich nicht allzu lange hinzieht und wir uns gut im Zeitplan bewegen können.
Wir wollen bewusst keine weitere Online-Veranstaltung ins Leben rufen, denn wir alle verbringen schon mehr als genug Zeit in Telefon- und Videokonferenzen.